Die Musikindustrie kriegt ja in deutschen Blogs in aller Regelmäßigkeiten was auf die Eule. Wenn man ein arbeitsloser Journalist ist und grad kein Bock auf das Pennergame hat, schaut man sich mal den aktuellen Jahresbericht der Musikindustrie an, und weiß dann auch, warum das mit der Eule so ist.

Problem 1. Schönreden.

Während der Tonträger-Umsatz im elften Jahr in Folge (!) einbricht, wird von stabilen CD-Umsätzen und steigendem Weltmarktanteil gesprochen. Erm… wenn man keine guten Nachrichten hat, dann muss halt auch der Weltmarktanteil herhalten. Der „Weltmarktanteil“ ist doch seit 39 nicht mehr wirklich im Gespräch gewesen, da kann man da ja mal wieder ran. Doch wen interessiert, das Deutschland seit ein paar Jahren mehr Umsatz macht als beispielsweise die Franzosen? Schließlich haben die Franzosen gefühlte 30 Millionen Menschen weniger durchzufüttern und wenn alle so klein sind, wie ihr Präsident, dann essen die auch nur halb soviel. Wahrscheinlich kaufen sie sich deswegen auch nur halb soviel Musik.

Problem 2. Widersprüche.

Im Jahresbericht wird der erneute Umsatzrückgang mit einer derzeit wirklich seltenen Ausrede begründet: Ja, kommt schon, ihr wisst es, alle wissen es, es ist … die … Finanzkrise. Whew. Wusst ich s doch. Blöd ist nur, dass ausgerechnet der Sprecher der „Musikindustrie“ aka Ex-Tonträgerverband in der Musikwoche behauptet, ausgerechnet die Krise sei der Grund, warum der Umsatzeinbruch dieses Jahr nicht so stark ausfällt. Aha.

Problem 3: Selbstverständnis

Wenn die die Tonträgerfirmen endlich aufhören würden, sich als Musikindustrie auszugeben, dann könnte man das Thema endlich abhaken und für die wahre „Musikindustrie“ gäb es nur noch good News: Steigende Verkaufszahlen, So viel Musikkonsum wie nie zuvor und sogar Michael Jackson kann seine Schulden wegen der tollen Absatzrekorde zurückzahlen. Und endlich würden uns die Vertreter der CD-Industrie nicht mehr mit sinkenden Tonträgerzahlen, illegalen Downloads oder der Kriminalisierung des modernen Konsumenten behelligen.

Problem 4: Gerichtskosten

Die „Musikindustrie“ glaubt, das Klagen hilft. Im Be-Klagen ohnehin schon ganz weit vorne, seit man sich die Chartsparties nur noch mit Prosecco gönnen darf, wird halt per Gesetz versucht, dem Unheil Einhalt zu gebieten. Wie erfolgreich das läuft erklärt sich u.a. in Problem 1. Schönreden heißt dann auch, dass der „moderate Einbruch des Umsatzes im Vergleich zu Umsatzeinbrüchen von zweistelligen Prozentzahlen im Ausland“ darauf zurückzuführen ist, dass die Klagerei Früchte trägt. Okay, wenn man nur auf der Popkomm rumgammelt, anstatt mal die Re:Publica zu besuchen, ist es kein Wunder, dass da was nicht verstanden wird, aber irgendwann (elf Jahre später – sic!) sollte man doch mal auf neue Ideen kommen. Nein, da wird dann noch mal Problem 2 strapaziert: ein böser Widerspruch. Denn während im Argumentationskontext „Umsatzeinbruch klein weil schön viel geklagt wurde“ gern auf das Ausland verwiesen wird, heißt es im Hinblick auf die wütenden Proteste gegen die Regierung (Weigerung, die ISPs zum Blockieren von P2P Verkehr zu zwingen), dass die im Ausland da schon viel weiter sind.  Was denn nun? Hat sich ja scheinbar noch nicht so richtig ausgezahlt der harte Kurs. Oder anders: Warum konnte  sich das DRM wohl nicht durchsetzen? Weil der gemeine Konsument sich mit Blockaden, Klagen oder Sperren züchtigen lässt? Die Antwort ist gut gebaut, sperrig und hört auf den Namen Klaus. Ihr wisst schon.