Vielleicht erinnert ihr euch. Der Monotransformation lag eine Wette mit meinem guten Freund Malte zugrunde. Erstmal ging es ums Nichtrauchen, später um sehr viel mehr. Die Wette war klar: Wer zuerst wieder mit dem Rauchen beginnt, muss nackt mit dem Fahrrad durch Berlin, nach einer von dem Standhafteren unter uns, vorgegebenen Route.
Eigentlich wollte er nicht.
Malte vermittelte mir das auf seine ganz besondere Weise:
„Und ja liebe Kinder, in dieser Hinsicht bin ich ein schlechtes Vorbild. Ich bin punktuell weak, ich bin manchmal lustgesteuert-only und egomonentozentriert, ich habe eine Schwäche für mich und für den vermeintlich ewigen Moment: Von mir aus, schimpf mich diesen abgefuckten Hedonisten, der ich nie sein wollte. Aber ich habe auch eine Schwäche für Ehrlichkeit, eine Schwäche fürs sich-selbst-in-den-Dingen-verlieren, eine Schwäche für tolle Menschen und eine Schwäche für Leidenschaft, die immer Leiden schafft. Aber, und ich weiss, das mag vielleicht etwas provokativ und unreif klingen: Meine Stärken erwachsen auch aus ebendiesem Spannungsfeld.
Aber, und ich will jetzt keine Politik betreiben, dieses (gelegentliche) Rauchen ist (m)ein Stückchen Freiheit. Meine Körper gehört mir!“
Er zögerte nicht eine Sekunde lang, die Konsequenzen zu ziehen.
Und so bereitete er sich darauf vor, nackt auf dem Fahrrad von mir durch Berlin geschickt zu werden. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass er diese ganze Wette ja eigentlich für mich eingegangen ist. Um mir beim Aufhören zu helfen. Es war ein Freundschaftsdienst. Ich kenne viele Leute, die jahrelang immer wieder vom Aufhören sprechen und es dann doch nie tun. Malte gehört nicht zu diesen Leuten. Eigentlich wollte er gar nicht aufhören. Das fiel ihm nur etwas zu spät wieder ein.
Eine Frage der Ehre.
Aus diesem Grund beschloss ich, ihn aus Solidarität auf dieser Fahrradtour durch Berlin, im Adamskostüm, zu begleiten. Statt bekleidet und kichernd wie eine 11 Jährige, mit dem Smartphone wedelnd hinter ihm herzufahren, um mich an der Peinlichkeit seiner Entblößung zu ergötzen, bin ich lieber Teil des Peinlichen. Jeder, der den Begriff „Freunde“ nicht nur von Facebook-Anfragen kennt, käme unweigerlich zu dem selben Ergebnis.
Gesagt, getan. Wir beschlossen, einfach eine Demonstration daraus zu machen, und uns politische Botschaften auf den Körper zu malen. Wie gut uns das gelungen ist, könnt ihr weiter unten lesen. Soviel vorab. Die politischen Botschaften auf unseren Körpern interessierte an diesem Abend wirklich niemanden.
Wir haben uns nun auf einen Tag, oder besser auf einen Abend geeinigt und zwar auf den Abend des Freitag, 21. August 2015. Gegen 22 Uhr.
Doch bevor es soweit war, geschah etwas sehr merkwürdiges.
Einen Abend zuvor im Prenzlauer Berg: Gegen 22.00 will ich das Haus verlassen, um noch in die Stadt zu fahren, da sehe aus der Ferne, wie ein Radfahrer in meine (recht kleine) Anliegerstrasse einbiegt. In Gedanken völlig versunken in der Frage, wieso zum Teufel ich mich auf diese völlig sinnlose Fleischbeschau eingelassen habe, merke ich nicht, wie ich den Radfahrer beobachte und dabei langsam ins Auto einsteige. In dem Augenblick, als er meinen Wagen passierte, saß ich auf dem Fahrersitz und schaute ihm hinterher. Ich konnte es nicht glauben. Der Typ war splitternackt. Der erste nackte Radfahrer, der mir in Berlin über den Weg fuhr. Vor meiner Haustür. Am Abend bevor ich das ebenfalls vorhatte. WTF?
Es lag auf der Hand es als Bestätigung zu interpretieren.
Es gehört wohl zum guten Ton in Berlin, ab und zu beim durch die Stadt Radeln mal das Höschen zu Hause zu lassen, dachte ich mir so und ja, keine 24 Stunden später war es dann soweit.
Erst pinselten wir uns die Botschaften auf Bauch, Brust und Rücken.
Maltes Message.
Vorderseite „Barrieren Beswingen“ – Rückseite „Grenzen überwinden“
Meine Botschaft.
Vorderseite: „Wasted German Angst“ – Rückseite „Human After All“.
Ich lass das jetzt mal so stehen. Henni und der Vodi haben da ein gutes Wörtchen mitgezaubert.
Dann ging es los.
Bis auf die Warschauer Brücke haben wir es geschafft, bevor Malte’s Fahrrad einen Platten hatte. Die Bilder dazu gibt es hier.
Bevor ihr jetzt weiterscrollt, an dieser Stelle noch mal einen recht herzlichen Dank an Eddie für die Bikes. Er baut die krassesten Rennräder für stilistisch weit Fortgeschrittene und wer auch so ein schickes Ding haben möchte, kann sich vertrauensvoll direkt an ihn wenden. Ausserdem einen herzlichen Dank an den großartigen Henni, der uns nicht nur bei der Auswahl der Botschaften behilflich war, sondern auch als Moralische Säule und Fotograf bei der tatsächlichen Tour unterstützte. Ohne ihn hättet ihr uns das eh nicht geglaubt. Danke, Jungs.
So, und hier die Bilder. Auf dass sie uns für immer verfolgen werden.