Aus irgendeinem Grund schien ich schon immer jemand gewesen zu sein, dem man gerne Tipps gibt. Vielleicht sehe ich so hilfsbedürftig aus, oder ich mache einfach alles falsch. Oder weil ich einen Migrationshintergrund habe. Ist aber auch egal. Seit dem ich nun angefangen habe, über die Qualen des Nichtrauchens zu schreiben, nimmt diese Form des Mitgefühls jedoch obszöne Ausmaße an. Als Prototyp eines „Alles oder Nichts“ Menschen stehe ich auf Extreme. Alles oder nichts heisst: Gerade erst Skifahren gelernt und gleich die schwarze Piste runter, zur Not im Schneepflug, denn man ist ja auch kein Vollidiot. Zumindest nicht, wenn’s um die eigenen Knochen geht. Danach ist man natürlich völlig zu unrecht stolz wie ein Sack hartgekochter Eier: Schließlich hat man hat alles gegeben, nichts riskiert und kann jedem erzählen, man ist gleich am dritten Tag die schwarze Piste runtergefahren. Bei allem Vollpfosten-Potenzial, dass dieser Typus mit sich bringt, gibt es auch viele gute Seiten: Alles oder nichts-Typen sind stets treu, meist erschreckend gut im Bett und niemals verlegen, einem Freund aus der Scheisse zu helfen.

Mein unsichtbarer Freund.

Was mich zu meinem Freund Malte bringt, von dem ich, seit dem wir unsere Nichtraucher-Wette eingegangen sind, nichts mehr gehört habe, ausser ein paar recht verwirrende Bilder und Nachrichten über WhatsApp. Die letzte Nachricht von ihm lautete:

„Heute erster Tag, an dem’s Momente gab, wo ich Nichtrauchen cool fand“.

Als ich antwortete, dass es mir gestern auch schon deutlich besser ging, antwortete er nur „Bluff nich.“. Und damit ist sein Zustand eigentlich auch schon ausreichend skizziert. Ich werde ihn heute das erste Mal seit Beginn unseres Nichtraucherpakts treffen und er wird mich noch mehr hassen als sonst, und ich werde es mit jede Zelle meiner verkommenen Persönlichkeit genießen.

Zurück zu den Tipps die ich erhielt. E-Zigarette, Nikotin-Pflaster, Ersatz-Karotten und was sonst noch alles. Mal abgesehen von der Ersatz-Karotte, mit der ich über die Jahre eine recht innige Beziehung einging, über die ich im Detail an dieser Stelle nicht sprechen möchte, finde ich, gehört es zur sorgsamen Selbstbestrafung dazu, sich auch beim Leiden in vollem Maße zu profilieren. Wie soll ich die Opfer-Karte spielen, wenn es mir eigentlich gar nicht scheisse geht? Alles-oder-Nichts?

Alles. Nichts. Oder?

Aus Rache gebe ich Euch daher nun meine 3 Tipps, die Euch in Zukunft beim Tipps geben helfen/beraten/therapieren und wahlweise auch beim Nichtrauchen. Es ist alles eine Frage der Einstellung.

  1. Vorm Schlafen gehen das rechte Bein gänzlich mit Nikotinpflastern bekleben und mit einem Gürtel zusätzlich die Blutzufuhr eben jenes Beines abschnüren. Für das echte Raucherbein-Feeling.
  2. Die E-Zigarette mit reinem Hanföl befüllen und solange im öffentlichen Personennahverkehr konsumieren, bis man einschläft oder eingeschlafen wird.
  3. Gesicht auf eine maximal heisse Herdplatte legen und rückwärts bis 666 zählen. Angefangen bei 10.000 versteht sich.

Genau. Es muss weh tun. Und somit kommen wir zur…

Ankündigung zur Enthüllung unseres Nichtrauchen-Wetteinsatzes:

Hiermit kündige ich an, dass ich morgen enthülle, was der Nichtrauchen-Wetteinsatz ist.

Als kleiner Hint an dieser Stelle ein kleines Musikvideo aus den 80ern einer der Bands, die mich geprägt haben wie der Plattenbau den Bezirk Weißensee (man ist nicht immer stolz drauf, aber wenn man mal hineingeht, ist es oft gar nicht so scheisse).

In diesem Sinne. Einen schönen Tag Euch allen.  Und bevor ich es vergesse…

Aufbauprogramm des dritten Tages:

  • 5 Stunden komatöser, traumloser Schlaf (bis ca. 6.30)
  • Eine Stunde knochenharter Spielplatzworkout in der Gruppe, morgens um 7.30
  • Ca. 45 Minuten Fahrradfahren über den Tag verteilt.
  • Ein bis fünf tausend Treppenstufen (wer zählt Treppenstufen?)
  • Drölf empfangene, essentielle Lebensführungsempfehlungen
  • Null abgegebene, essentielle Lebensführungsempfehlungen (erstmals sei 1945)
  • Überraschend viele neue Eindrücke, Geschmäcker, Gerüche
  • 1437 Gespräche über’s Mit-dem-Rauchen-Aufhören (Häufigstes Zitat: „Bei mir war es die erste Woche hart“ – Ehm. Ok.)
  • (Nur) ein großes Pils.