Montag früh, am 4. April.

Morgensport in der Sonne, Dopaminquelle angezapft, ich fühlte mich unbesiegbar. Ob ich es auch schaffen würde Sport für immer zu machen, jeden Tag, fragte lakonisch mein innerer Benjamin von Stuckrad-Barre. Wir einigten uns auf erstmal 50 Tage, weil mir das realistisch schien und die Wette war schnell abgeschlossen, schließlich wollte ich ihm beweisen, wer unter meinen Persönlichkeitssplittern der Babo ist. Mit sarkastischem Unterton schlug er “HashtagFiftyDaysOfKickingAss” als Arbeitstitel vor und grinste mich wie 10 frühpubertierende Grundschulclowns an. Ich willigte ein. Sollte er gewinnen, würde ich diesen Text hier schreiben müssen, so die Verabredung, doch so schwer würde es schon nicht werden, dachte ich, und belächelte diese augenscheinlich überschaubare Herausforderung. Wer lässt sich schon gern öffentlich von seinem inneren Benjamin von Stuckrad-Barre zum Kasper machen?

Ich gebe zu, dass ich den Sarkasmus dabei bewusst übersehen habe.

So begann daher also fröhlich unter dem Hashtag #50daysofkickingass Tag für Tag mein Sportprogramm auf meinem Instagram Channel @yokomono zu dokumentieren, in der Hoffnung es diesem Rautenpflücker mal so richtig zu zeigen. Die Tage sind nun gezählt und beim genauen Nachzählen stelle ich fest, dass ich für die 50 Tage Sport am Stück insgesamt 57 Tage gebraucht habe. Somit lässt sich eingangs schonmal feststellen, die Mission #50daysofkickingass ging in die Hose. Ich lebe in einem komplexem, sozialen Umfeld. Es gibt geeignetere Möglichkeiten für mich, mir selbst zu beweisen, dass ich nicht unbesiegbar bin. Es gibt übrigens sogar noch schlimmere Hashtags. Allerdings nicht viele.

Gestern war der 1. Juni und diese 57 Tage sind vorbei, endlich.

Ich habe in dieser Zeit eine Menge verloren:

  • Die Wette
  • Mehrmals meinen Verstand
  • Das Ladekabel für meine Sportuhr
  • Ungefähr 100 Euro bei tipico und bwin.
  • Den Respekt vor “Challenges” auf Facebook und Instagram
  • 5 Kilo Gewicht
  • ca. 25 Follower auf Instagram

Ich habe aber auch einiges dafür gewonnen.

  • Die Einsicht, dass egal was man 50 Tage am Stück (oder fast) macht, es dich verändert
  • Dass eine Gewohnheiten mit der kontinuierlichen, bewussten Wiederholung von Handlungen entsteht
  • Dass ein gesunder Lebensstil mit der bewussten (Um-)gestaltung von Gewohnheiten entsteht
  • Ein paar Muckis
  • Die Erkenntnis, manchmal ganz schön zwanghaft, exhibitionistisch und schwach zu sein.
  • Die Erkenntnis, dass das eigentlich voll okay ist.
  • ca. 250Follower auf Instagram

Kopfkampf.

Ich habe die ganze Sache zwischenzeitlich verflucht, weil es irgendwann einfach deinen Mojo fickt. Irgendwann ist die Puste raus, die Batterie leer, der Tank alle, die Avocado trocken, der Bart zu lang. Wozu der ganze Quatsch, denkste dann, und realisierst, dass du halt nicht alles haben kannst.

Oder doch?

Auf ein neues, Benjamin.
Und zieh dir endlich was an.